der Charakter des gos d' Atura català


"Ich habe keinen Ferrari, ich habe einen Gos!"

"Von 0 auf 300 in wenigen Zehntelsekunden - kein Problem!" Fast jeder der einen Gos hat, weiß, damit ist kein Ferrari, sondern der schnittige Spanier gemeint. Es bedarf kein "warm werden" oder ein "ich muss mich erst einmal orientieren" - Gubacca und sehr viele Gossis sind sofort vom Ruhemodus 0 auf 300, um vermeintliche Gefahren oder Angriffe abzuwehren. Dumm nur, dass häufig die katalanische Wahrnehmung von "Gefahr in Verzug" sehr von der Einschätzung von Frauchen oder Herrchen abweicht. In unserem Alltag macht sich diese Eigenschaft bei Gubacca häufig dadurch bemerkbar, dass er blitzschnell auf Außenreize reagiert. Während unser Lottchen zum Beispiel noch überlegen würde, ob es sich lohnt die Verfolgung des Radfahrers aufzunehmen, wäre Gubacca bereits bei ihm angekommen. Aber auch bei Hundebegegnungen zeigt sich der sehr schnell erreichte hohe Erregungszustand bei Gubacca. Es gibt bei ihm kein langsames "hochschaukeln", sondern er explodiert dann auch sofort, wenn ein fremder Rüde in schief anschaut.

 

Diese typische von 0 auf 300 Eigenschaft macht sich schon bei den Goswelpen oder den "Pubertieren" bemerkbar und sie schießen beim Spielen schnell über das Ziel hinaus. Sie haben noch keinen Begrenzer und neigen dann auch zu Übersprungshandlungen, wie in die Leine zu beißen oder ihren Menschen anzuspringen. Gerade frischgebackenen Welpeneltern predigen daher viele Goszüchter immer wieder: "Bringt eurem Welpen in den ersten Monaten bei zu Ruhe zu kommen, Gas geben kann er schon!" Auch vom "Bällchen werfen" und Hetzspielen wird gewarnt. Leider wird das häufig belächelt und die "stolzen Eltern" freuen sich über den quirligen Nachwuchs. "Mein Perro ist unermüdlich! Gestern ist er mit mir über eine Stunde stramm gelaufen", hört man besonders die Mini-Rütters gerne stolz erzählen. Dabei wäre die Königsdisziplin genau das Gegenteil gewesen - ein Welpe der viel geschlafen hat. Ja die "wilden fünf Minuten" sind viel witziger anzusehen! Und auch ich muss bis heute immer lachen, wenn der Riese wie ein kleiner Karnickel durch den Garten jagt und dabei die Hinterläufe die Vorderbeine überholen. Wenn dann aber später "Kevin" Stammgast wird und aus den niedlichen 6 Kilogramm, schon 15 geworden sind, die einen beherzt anspringen und anpöbeln, wird es weniger lustig. Zum Glück ist das zur "Ruhe kommen" bei Gubacca nie ein Problem gewesen. Bis heute kann er sich im größten Chaos einfach einrollen und schläft. Dafür gehört er bei der Geschwindigkeit von 0 auf 300 zu kommen zur Spitzenliga. Sehr passend, da mir früher manchmal auch das Reaktionsvermögen einer Schlaftablette nachgesagt wurde. Das hat sich mittlerweile geändert - bei mir - Gubacca ist immer noch der Ferrari.

Um die mahnenden Worte vieler Züchter zu verstehen, muss man sich bewusst machen, wie es einem Körper gelingt in kürzester Zeit auf 300 zu sein. Eine große Portion Hormone ist hierfür  erforderlich. Im gewissen Sinne gerät der Organismus ja in Alarmbereitschaft und  muss unter anderem viel  Adrenalin  freisetzen. Dummerweise haben gerade die jungen Hunde keinen Begrenzer und überdrehen schnell. Gerade beim Spielen mit Artgenossen oder in der Hundeschule macht sich das oft bemerkbar. Bei Gubacca war der Auslöser  für das "Motor überhitzen" oft Wasser und das aufgestellte Planschbecken im Garten kostete mich mein Lieblingsshirt. Vollkommen in Ekstase kannte das Pubertier keine Hemmungen mehr und zerrte an meiner Kleidung. Später machte sich der schnell erreichte hohe Errungszustand beim Laufen am Rad bemerkbar. Ich hatte am Anfang das Problem, dass Gubacca nach einer gewissen Strecke überdrehte und anfing in die Leine zu beißen. In solchen Fällen hilft eigentlich nur eins: Raus aus der Situation mit dem Adrenalin-Junkie. Denn  unser vermeintlicher Ferrari hat  einen Haken. Der Bremsweg ist deutlich länger wie die Beschleunigung. Es ist nach wie vor  für mich eine kleine Kunst zu lernen, meinen Sportflitzer wieder auf normales Tempo zu bringen. In vielen Alltagssituationen gelingt mir das mittlerweile sehr gut. Es gibt aber auch Erlebnisse an die ich nur sehr ungerne zurückdenke...

Mit diesem Wissen betrachtet ihr jetzt vielleicht auch euren Besuch bei einem Züchter mit ganz anderen Augen. Für mich war früher immer ein Garant für eine optimale Welpenaufzucht, dass es möglichst viel Spielzeug und Abwechslung für die Zwerge gab. Heute finde ich es genauso wichtig, dass die Welpen auch Rückzugsorte für sich haben. Gubacca und seine Geschwister hatten  zum Beispiel bei seiner Züchterin eine große Hundehütte auf der Terrasse stehen, in die sie sich  gerne zum Schlafen legten. Nicht nur wir können in den ersten Monaten ganz viel dazu beitragen, später einen entspannten Hund an unserer Seite zu haben, auch die ersten Wochen beim Züchter spielen eine Rolle.  Wie trubelig ist das Umfeld der Welpen? Gibt es ausreichend Rückzugsorte für sie? Sind die Zwerge lebhaft oder überdreht?  Alles das sind schon in der Frühprägung wichtige Punkte auf die wir bei der Wahl des Züchters achten sollten. Und das gilt nicht nur für den Gos, sondern generell für alle Welpen.

Warum kaufen sich Menschen gerne schnelle Sportflitzer? Weil die Beschleunigung von 0 auf 300 in kurzer Zeit ein tolles Gefühl ist. Mit dem Gos ist das nicht anders. Ist es einem gelungen den feurigen Spanier einen Begrenzer einzubauen und gibt man ihm ausreichend Zeit wieder abzukühlen ist diese Energie nicht nur bei dem Arbeitshund in Spanien eine tolle Eigenschaft. Ich glaube sie macht auch zu einem großen Teil die Faszination aus, die viele Menschen bei dem Gos empfinden. Aber das ist nur eine der vielen spannenden Eigenschaften, die der Gos sich durch seine Ursprünglichkeit bewahrt hat